Sonntag, 22. Januar 2017

EICHELBROT MIT EICHELSCHROT


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Als Kinder haben wir jeden Herbst Eicheln und Kastanien gesammelt, um daraus ulkige, kleine Männchen zu basteln. Angesichts der vielen Eicheln, die letztes Jahr auf einem unbewohnten Nachbargrundstück lagen, habe ich mir manchmal überlegt, ob sie nicht noch zu etwas anderem als Eichhörnchenfutter taugten.

In der Facebook-Gruppe "Bread History & Practice" sah ich dann einen Aufruf, Eicheln zu sammeln und sie zum Brotbacken zu benutzen. Die Idee faszinierte mich.

Eicheln kann man ganz einfach mit dem Nussknacker knacken
Eichhörnchen und Schweine lieben zwar die fettreichen Eicheln, aber für uns Menschen sind sie im Urzustand ungeniessbar.

Sie enthalten nämlich bittere Tannine, die erst herausgewaschen werden müssen.

Dieser Prozess, detailliert beschrieben auf der englischen Website "Acorns: The Inside Story", ist dabei verblüffend einfach.

Fürs Brotbacken eignet sich das Einweichen der Eicheln in kaltem Wasser am besten, da der Eichelschrot bei dieser schonenden Methode - anders als beim Abkochen - seine Bindungsfähigkeit behält.

Mein ehelicher Haupt-Brottester half mir, eine Einkaufstüte voller Eicheln zu sammeln, die dann erstmal mehrere Wochen auf der Veranda trocknen durften. Leicht geschrumpft lassen sich die Kerne nämlich leichter von den Schalen lösen. 

Wie Haselnüsse konnte ich die Eicheln dann ganz einfach mit einem Nussknacker knacken, und hatte am Schluss ein halbes Pfund Kerne beisammen.

Die Eicheln werden dann mit etwas Wasser im Food Processor gemahlen

Erst habe ich die Eicheln mit Wasser im Food Processor gemahlen, den Schrot dann in einem feinmaschigen Sieb gespült, und anschliessend in einer Schüsssel in viel kaltem Wasser eingeweicht. Dreimal täglich musste ich diesen Spülvorgang wiederholen und das Einweichwasser auswechseln.

Nach zwei Tagen fing ich an, die Eicheln auf Bitterkeit zu überprüfen, und schliesslich, nach drei Tagen, waren die Tannine herausgewaschen. Der Geschmack erinnerte an Walnüsse - nur etwas milder.

So rötlich sieht der Eichelschrot nach dem Trocknen aus
Der feuchte Schrot muss dann noch trocknen. Dazu breitet man die Masse auf einem Backblech aus und stellt sie  bei niedrigster Temperatur zum Trocknen in den Ofen.

Wer, wie ich, einen Dörrautomaten besitzt, kann den Schrot auch  einfach darin trocken (niedrigste Stufe).

Nun hatte ich meinen gebrauchsfertigen Eichelschrot. Aber was für ein Brot sollte ich damit backen?

Der Verfasser von "Acorns: The Inside Story" schlägt ein einfaches, in der Pfanne gebackenes Flachbrot vor, aber ich wollte ein "richtiges" Brot aus dem Ofen. Der Eichelanteil sollte zwar schmeckbar, aber nicht so hoch sein, dass er die Struktur des Teigs gefährden würde.

Mein derzeitiges Standardbrot ist ein Topfbrot à la Tartine, mit hohem Wassergehalt und langer Reife. Ich entschied mich für ein Mischbrot mit Vollkornweizen und 16% Eichelschrot.

Der Tartine-Teig ist sehr klebrig, und ein bisschen knifflig zu bearbeiten. ich habe mich aber bemüht, jeden Schritt genau zu beschreiben.

Ich habe mich sehr gefreut, wie gut mein Eichelbrot gelungen ist - ein herzhafter, leicht nussiger Laib mit knuspriger Kruste, verhältnismässig offener Krume, und dunkler, leicht rötlicher Farbe. Es schmeckte uns gut mit Schinken oder Käse, aber auch getoastet, mit Honig oder Marmelade.

Im nächsten Herbst werde ich sicher wieder mein inneres Eichhörnchen ausleben!

Frischgebackenes Eichelbrot
EICHELBROT À LA TARTINE

Starter
10 g sehr aktives Anstellgut (2 x am Vortag aufgefrischt)
50 g Weizenmehl Typ 550
50 g Vollkornweizenmehl
100 g Wasser (26-29ºC)

Hauptteig
250 g Weizenmehl Typ 550
150 g Vollkornweizenmehl
100 g Eichelschrot
35 g Weizenkeime
425 g Wasser (geteilt)
210 g Starter (aller)
13 g Salz

Eichelschrot, zum Bestreuen

Schwimmprobe für den Starter - jetzt ist er aktiv genug

1. TAG
6:00 - 8:00 Uhr: Starter anrühren. Zugedeckt 4 - 8 Stunden reifen lassen, bis ein Löffel voll Sauerteig an der Wasseroberfläche schwimmt (falls nicht, länger stehen lassen!)

Mehle, Eichelschrot und Weizenkeime in einer mittelgrossen Schüssel miteinander mischen. Sauerteig in einer grossen Schüssel in 400 g Wasser auflösen. 

Mehle, Eichelschrot und Weizenkeime vermischen

Mehlmischung in die Schüssel mit dem aufgelösten Starter geben. Mit der Hand verrühren, bis alles Mehl durchfeuchtet ist (ich nehme dazu meinen geliebten dänischen Teigbesen). 30 Minuten lang zugedeckt bei warmer Zimmertemperatur stehen lassen (Autolyse).

Mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist (hier mit dänsichen Teigbesen)

Salz und die restlichen 25 g lauwarmes Wasser dazugeben, und durch Kneifen und Falten in den Teig einarbeiten (wie hier beim Einkorn-Haselnussbrot à la Forkish beschrieben).

....dann durch Kneifen und Falten einarbeiten (Foto: Einkorn-Haselnussbrot)

Teig 3 Stunden lang reifen lassen (TT: 26-29ºC), dabei 6 x in 30-minütigen Abständen in der Schüssel falten (ich benutze einen angefeuchteten Teigschaber). Er soll am Schluss ein bisschen aufgepufft aussehen, falls nicht, noch eine halbe Stunde länger gehen lassen.

Teig nach 3 x Falten

Am Schluss soll der Teig ein bisschen aufgepufft aussehen

Einen Teil der Arbeitsfläche mit Mehl bestreuen, die andere Seite freilassen.

Teig auf die bemehlte Fläche geben und leicht mit Mehl bestreuen. Mit einem (oder zwei) einfetteten Teigschaber(n) zu einem Rund wirken, indem man den Schaber kreisförmig um (und unter) dem Teig entlang zieht, damit eine glatte und möglichst straffe Kugel entsteht.

Teig zu einem straffen Rund wirken

Teigling wieder mit Mehl bestreuen, die leere Schüssel darüber stülpen, und 20 - 30 Minuten ruhen lassen.

Gärkörbchen grosszügig mit einer Mischung aus halb Weizen- und halb Reismehl bestreuen. Boden mit einer Schicht Ahornschrot ausstreuen (sieht nicht nur nett aus, sondern verhindert das Ankleben!).

So vorbereitet, bleibt das Brot nicht im Gärkörbchen kleben

Teigling mit (eingeöltem) Teigmesser oder Spatel umdrehen, sodass die bemehlte Seite unten ist. Mit bemehlten Händen den Teig vom unteren Ende her zu einem Drittel nach oben falten, dann die rechte und linke Seite zur Mitte falten.

Nun das obere Ende ebenfalls zur Mitte falten. Zuletzt den Teig noch einmal von unten nach oben über die Naht falten, sodass das Teigpaket geschlossen ist. Nun gefalteten Teig so umdrehen, dass er mit der Naht nach unten auf dem unbemehlten Teil der Arbeitfläche zu liegen kommt.

Formen des Teigs (hier sind erst 3 Seiten gefaltet)

Teigball mit beiden (bemehlten) Händen rotieren und gleichzeitig etwas zu sich hin ziehen, um ihn zu straffen.
Geformter Teigling

Brot mit der Naht nach oben ins Gärkörbchen legen, mit Mehl bestreuen, mit Plastikfolie (ich nehme eine Duschhaube) gut zudecken und über Nacht in den Kühlschrank stellen (er braucht vorm Backen nicht angewärmt werden).

Teigling im Gärkörbchen, die Naht ist oben

3. TAG
Ofen auf 260ºC vorheizen, dabei einen gusseisernen Schmortopf samt Deckel miterhitzen. Ein grosses Stück Backpapier auf die Arbeitsfläche legen, Schere, Backpinsel, und Lamé (oder scharfes Messer) bereithalten.

Durch einen energischem Klaps des Gärkörbchens auf die Arbeitsfläche den Teigling aufs Backpapier stürzen. Papier so um das Brot herum zurechtschneiden, dass man eine "Schaukel" mit zwei längeren Enden als Handgriffen erhält (siehe Foto - wenn man das Papier nicht beschneidet, wirft es im Topf Falten, die sich ins Brot einkerben!)

Brot einschneiden und überschüssiges Mehl von der Papierschlinge bürsten.

Brot auf der Papier-"Schaukel"

Heissen Topf aus dem Ofen holen, und den Deckel abnehmen (ich lasse einen Topfhandschuh darauf liegen, damit ich nicht vergesse, wie heiss er ist). Brot mit der Papierschlinge in den Topf befördern, Deckel wieder drauflegen und in den Ofen stellen.

Brot mit der Papierschlinge in den heissen Topf befördern

Brot 20 Minuten lang backen, dann Ofen auf 230ºC herunterschalten, und weitere 10 Minuten zugedeckt backen. Deckel abnehmen, und Brot in 20-25 Minuten fertigbacken (Innentemperatur mindestens 93ºC).

Fertiggebackenes Eichelbrot im Topf

Brot aus dem Topf gleiten lassen, Papier entfernen, und den Laib auf einem Kuchengitter auskühlen lassen.



2 Kommentare:

  1. Wow, das hätte mich auch gereizt, das einmal auszuprobieren. Das ist wirklich ein sehr schönes Brot geworden

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    1. Danke, Ulrike! Es hat Spass gemacht, und das bisschen Mühe hat sich gelohnt.

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